Mit Systemen musst Du ….. tanzen!

 

„Ein kluger Mensch hat gegen ein System keine Chance“, so eine Weisheit all derer, die schon mal versucht haben bei einer Behörde ein sehr spezielles Anliegen zu platzieren oder den richtigen Ansprechpartner für ein nicht alltägliches Problem in den unendlichen Weiten der Call-Center eines Telekommunikations-Riesen zu finden. Systeme schlagen überall zu, das eigene Arbeitsumfeld mutiert immer mehr zum Erfahrungs-Jurassic-Park für systemische Einsichten. Du sitzt zum Beispiel mit 10 weiteren Personen in einem Meeting, der durchschnittliche Intelligenzquotient der Teilnehmer  liegt irgendwo zwischen 110 und 120 Punkten. Die eine einstimmige Entscheidung der Gruppe erreicht nach objektiven Kriterien jedoch höchstens einen Wert von 80!

Gedanken wie diese umschwirrten mich, als ich ein Paar auf hohem Niveau Tango tanzen sehe. Sehet und höret selbst:

 

 

Wie verändert man Systeme ist eine klassische Frage für jeden Coach und Berater. Change Management lautete die Antwort der letzten 2 Jahrzehnte, auch ich habe auf dieser Welle gesurft. Wenn es einigermaßen gut läuft gelingt das eine oder andere mit Leidenschaft, Überzeugungskraft, der Beteiligung von „Betroffenen“ und Empathie etwas besser als mit Gantt-Charts, Balanced Scorecards und ausgefeilten Projektplänen. Es bleibt die Illusion, Veränderung sei ein kontrollierbarer Prozess, für den es einen – wenn auch unscharfen – Masterplan geben muss. Gut umsetzen gehört natürlich dazu, es eben richtig anpacken. Die Geheimkarte guter Coaches und Berater besteht vielleicht in besonderer Glaubwürdigkeit, Integrität, Kommunikationsfähigkeiten …… Doch es bleibt dabei: Die Landkarte ist nicht die Landschaft, je komplexer das Umfeld desto mehr braucht es erfahrene Könner, die mit Überraschungen umgehen können, deren Verhaltensrepertoire über Methoden, Rezepte, das Lesen von Kartenlegenden hinausgeht. Veränderungsprojekte kennen unsere Pläne nicht, daran halten tun sie sich schon gar nicht.

Mich beschäftigt in letzter Zeit die Systemtheorie, die seit Jahrzehnten neue Gedankenanstöße für den Umgang mit Systemen liefert. Neu sind sie also nicht, aber viel zu unbeachtet weil interessant. Wer mehr davon verstehen will, dem sei als leicht zu verstehende Einführung Fritz B. Simons „Einführung in die systemische Organisationstheorie “ empfohlen, der einen abstrakt – theoretisch – anspruchsvollen Stoff lesbar und verständlich erklärt. Hier nur soviel davon: Soziale Systeme bestehen entgegen weitläufiger Meinung nicht aus Menschen. Menschen sind für Systeme „Umfeld“. Das wird klarer, wenn wir daran denken, dass Organisationen unabhängig von bestimmten Personen bestehen. Der überlebenssichernde Trick von Organisationen besteht darin, dass sie mit eigenen Routinen sorgen, dass Personen austauschbar bleiben, gleichzeitig aber Funktionen und Interaktionen (Kommunikation = kleinster Teil eines Handlungsmusters) reproduziert werden. Systeme bestehen aus Kommunikationmustern. Menschen mit ihren Gedanken und Gefühlen sind eigene Systeme, die für soziale Systeme (Organisationen) zum Umfeld gehören. Ein zunächst schwieriger, aber äußerst nützlicher Gedanke. Es ist wie beim Schach: Das System Schach besteht aus dem Brett, den Spielfiguren und den Spielregeln, die Spieler sind für das Spiel „Umfeld“.

Die Steuerung und Veränderung eines sozialen Systems ist keine geradlinige Ursache-Wirkungs-Beziehung. Sie reagieren undefinierbar auf Inputs. Ja, es ist so: Menschen in Leitungsfunktionen stehen vor der paradoxen Situation, dass sie Verantwortung zugeschrieben bekommen für etwas, was sie im Sinne geradliniger Kausalität in Wirklichkeit gar nicht können: die Steuerung der Organisation. Natürlich haben sie Einfluss auf das, was geschieht. Wir müssen es nur anders erklären. Notwendig ist in jedem Fall Anschluss an die bestehenden Regeln der internen Kommunikation zu finden. Ohne Resonanz ist eine Steuerung oder Veränderung unmöglich. Eine ablehnende Resonanz verfehlt natürlich auch ihr Ziel: Systeme haben ein gut funktionierende Immunsystem. Koordination von Aktionen und Akteuren erfolgt über die Fokussierung von Aufmerksamkeit. Das gilt für Personen und Themen.

Damit sind wir beim Tanzen. Anfänger lernen Schrittfolgen, die sie sicherheitshalber zu Beginn ohne Partner studieren. Könner improvisieren, sie werden eins im Rhythmus der Musik und verschmelzen im Dialog der Bewegungen zweier Körper. Willst Du also ein System verändern, musst Du Resonanz erzeugen, Aufmerksamkeit wecken und in dialogische Interaktion mit dem System treten. Dann nimmst Du Einfluss und kannst gestalten. Aber nicht absichtlich steuernd und regelnd, sondern im Sinne einer Versuch-Irrtum-Logik, für die es keine richtige Lösung gibt. Alles ist richtig, was nicht als Irrtum ausgesondert wird. Die Natur macht es übrigens genau so: Es gibt weder Plan noch Positivdefinition von Erfolg.

Darf ich zum Tanz bitten …..

 

Making of

An erster Stelle hier mein herzlicher Dank an meinen Freund Thomas Knüppel, der wunderbare Bilder gemacht und den Artdirektor in künstlerisch perfekter Weise gelebt hat. Er hat aus dem vielen Bildmaterial einen großartigen Film gemacht, sich hohe Ziele gesetzt und mal wieder selbst übertroffen. Für die Laien wie mich unter uns: Bitte zu beachten, dass der Film nicht geschnitten wurde. Alle Sequenzen wurden in einem Stück gefilmt und genau so ausgewählt. Das ist hohes Niveau, um das mal einfach so zu sagen.

Danke an Birgit Disenko und Otto Köllner von TANGOfatal, deren gefühlvoller Tango im Gleichklang mich schwer beeindruckt hat. Es ist nicht zu übersehen, dass aus 30 Jahren gemeinsamer Übung ein perfekt harmonischer Bewegungsablauf wird. Die beiden haben sich toll in die Projektidee eingebracht, es hat Spaß gemacht mit ihnen zu arbeiten. Ich habe in den vielen Drehs erlebt, dass Tanzen ganz schön anstrengend ist und man dabei locker ins Schwitzen gerät. Mein Nichttänzerdasein haben die beiden ganz schön irritiert. Kompliment! Chapeau!

Danke natürlich auch dem unterstützenden Team von der kaufbar, deren Location wir nutzen durften, die für uns Überstunden geschoben haben. Wo es etwas zu tun gab haben die zupackend mitgeholfen und uns mit ihrem freundlichen Lächeln und fleissigen Händen unterstützt. Wir werden in Bälde die Film-Vernissage vor Ort mit allen Beteiligten bei Speis und Trank würdig begehen.

Echt klasse, vielen Dank an alle!

Zusammen mit den großartigen Thomas Knüppel und TANGOfatal (Birgit Disenko und Otto Köllner) in der kaufbar.

Zusammen mit den großartigen Thomas Knüppel und TANGOfatal (Birgit Disenko und Otto Köllner) in der kaufbar.

 

 

 

 

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