Schöne Neue Arbeit
Blühende Landschaften? Da haben wir ganz andere Bilder im Kopf! Kannst Du Dir vorstellen, dass die Bergleute auf dem Bild ihre Lebensumgebung trotz harter Arbeit unter schwierigsten Bedingungen verbunden mit allgegenwärtiger Lebensgefahr wahrscheinlich als „kleines Paradies“ empfunden haben? Gelsenkirchen, wo Schornsteine den Himmel abstützen, Stadt der 1000 Feuer, die die Nacht erleuchten und der 1000 Freunde, die zusammen stehen, auf Kohle geboren: Ruhr York.
Maloche prägte das bescheidene Leben, doch die Leute waren stolz und unbeugsam, solidarisch und in Bescheidenheit zufrieden. Ihre Arbeit gab ihnen Sinn, ohne sie lief nichts im sich industrialisierenden Deutschland. Das erfüllte sie mit Stolz und gab ihnen Selbstbewusstheit, obwohl der Rest der Welt sie in der Liga gesellschaftlicher Underdogs verortete. Arbeit prägt das Leben! Leben und Arbeiten waren sich kaum irgendwo so nah und allgegenwärtig wie im Pott des Industriezeitalters, wo die Menschen das Herz auf der Zunge tragen und ihre Seele auf Zehenspitzen daherkommt.
Doch hier geht es nicht um Gefühle oder Heimatstadt, darüber habe ich schon an anderer Stelle geschrieben (hier). Hier geht es um New Work, die schöne Neue Arbeit, von der wir alle träumen und die wir gerne hätten. Der Begriff stammt von dem Philosophen Frithjof Bergmann, er prägte ihn 2004 auf der Suche nach alternativen Arbeitsformen jenseits von Ausbeutung und Knechtschaft. Bergmann suchte die Hoffnung auf Selbstbestimmung, die Aussicht auf Verwirklichung eigener Talente und Träume für arbeitende Menschen (siehe auch hier). Seine hehren Gedanken und meine Gefühle rund um Arbeit und Heimat geraten allerdings in Wallung, wo New Work, Neue Arbeit zu einer diffusen Wolke aus einer romantisch hippen Start-up-Kultur in einer Designer-Garage zusammengerührt werden, hierarchiefrei, duzen, coffee latte con irgendwas for free, Tischkicker, Campus, Bürohund, krawattenfrei und einer Büroausstattung gemäß den letzten Bildern aus dem Google-Office. Was würden wohl Bergleute über sowas denken? Braucht es die beschriebenen Artefakte wirrer Gedankenwolken für zufriedene und selbstbestimmte Arbeit? Zufriedenheit first, ohne sie keine gute Arbeit oder schafft gute Arbeit erst die Voraussetzungen für alle Wünsche nach Selbstbestimmung? Ein gutes Gespräch über die Arbeitswelt von Morgen haben meinen Freund Thomas Knüppel und mich zu einer Reise an die Wurzeln und einer filmischen Betrachtung inspiriert.